Golf - Mehr als nur Poloshirts

Golf? Das ist doch der Sport mit den Poloshirts und den Schirmmützen?! Das Hobby von Ärzten, Juristen und Managern?! Ich habe einige Vorurteile, als ich die Golfanlage Römerhof betrete. Ich stelle mir das Ganze ein bisschen so vor, wie Minigolf. Nur dass die Löcher ein bisschen weiter weg sind. Und statt bunter Pappmaché-Hindernisse hier eben Bäume und Sandkulen im Weg sind.

Am Empfang lerne ich erst mal: Auf den richtigen Golfplatz darf ich noch nicht. Dafür brauchen Spieler die sogenannte Platzreife. Dafür ist eine Prüfung nötig, in der nicht nur theoretisches Wissen abgefragt wird, sondern auch geprüft wird, ob die Spieler mit einer bestimmten Höchstzahl an Schlägen den Platz absolvieren können. Ich würde vermutlich nur für Stau am Abschlag sorgen, den Rasen kaputt machen und im schlimmsten Fall jemandem meinen Schläger an den Kopf hauen. Also erstmal auf die Driving Range und lernen, wie so ein Golfschläger überhaupt richtig funktioniert.

Mein erstes Equipment ist allerdings ein Eimer. Den stelle ich unter einen Automaten, der zwei Ladungen Golfbälle ausspuckt. Die darf ich jetzt auf der Driving Range verteilen - später werden sie mit einem speziellen Ballsammelfahrzeug wieder eingesammelt. Ein Ballsammelfahrzeug... Was es nicht alles gibt. Bevor ich Bälle abschlagen darf, muss ich erst mal die richtige Schlägerhaltung lernen. Ich bekomme von meiner Freundin ein 9er-Eisen. Damit stelle ich mich breitbeinig hin, umfasse den oberen Teil des Schlägers mit der linken und den unteren mit der rechten Hand. Leicht in die Knie, Rücken anspannen, ein bisschen Enten-Po. Dann mit gestreckten Armen mit dem Schläger seitlich rechts oben ausholen, aus der Hüfte beschleunigen und durchschwingen bis der Schläger über der linken Schulter bremst. Dabei mit dem Blick folgen und der Hüfte und den Fuß leicht eindrehen und den (noch) imaginären Ball nicht aus den Augen lassen und und und... Ok. Das hier ist nicht Minigolf. Das ist ein komplexer Bewegungsablauf und ich brauche erst mal einige Minuten, um das zumindest grundsätzlich auf die Reihe zu bekommen.

Als meine Freundin mit meiner Schlagbewegung fürs erste zufrieden ist, bekomme ich meinen ersten Ball. Ich fühle mich ein bisschen wie beim Bogenschießen vor ein paar Wochen. Fokus. Konzentration. Körper anspannen. Ausholen. Bäm. Ich treffe die kleine weiße Kugel auf Anhieb und sie fliegt einige Meter weit. Wow. Ich erschrecke mich fast, damit hatte ich nicht gerechnet. Von meiner Freundin gibt es ein Lob - aber sie holt mich auch auf den Boden der Tatsachen zurück: "Nicht jeder Schlag wird so laufen!" Sie solll Recht behalten. In der nächsten halben Stunde mache ich mehrmals Löcher in den Rasen der Driving Range. Schlage auf den Ball, so dass er nur unmotiviert ein paar Meter weit titscht. Mehrfach treffe ich auch einfach nur die Luft und der Schwung lässt mich lustige Pirouetten drehen. Aber es sind auch immer wieder richtig gute Bälle dabei - und als ich das 9er Eisen gegen einen Hybrid-Schläger für die richtig weiten Schläge tausche, schaffe ich es sogar, einen Ball in einem schönen, gradlinigen Bogen bis fast zur 100 Meter Marke fliegen zu lassen. In dem Moment bekomme ich ein Gefühl dafür, warum Golf Spaß machen kann. Sich zu Fokussieren auf das Ziel, auf eine flüssige Bewegung und dann mit der (hoffentlich gelungenen) Flugbahn des Balls mitzufühlen, ist ein tolles Gefühl.

Leider sind die Bälle irgendwann alle - ist aber auch besser so, denn ich merke die Abschläge im Rücken und in den Schultern. So richtig drauf habe ich es halt noch nicht. Deswegen geht es jetzt noch aufs Putting Green. Ich habe noch nie in meinem Leben so weichen, feinen Rasen gesehen. Am liebsten würde ich mich drüber kugeln. Widerspricht aber der Golfplatz-Etikette, deswegen beherrsche ich mich und freunde mich mit dem Putter an, einem Schläger zum Einlochen auf kurze Distanz. Meine Freundin macht mir ein paar Schläge vor. Sanft tippt sie den Ball an und er rollt langsam aber unaufhaltsam bis ins Loch unter dem kleinen Fähnchen. Ich habe das mit dem "sanft" nicht so drauf. Meine Bälle haben zu viel Schwung und schießen weit am Ziel vorbei. Es dauert etwas, bis ich das nötige Feingefühl finde und zumindest einen Ball aus etwas größerer Entfernung unter dem Fähnchen versenke.

Nach zwei Stunden Konzentration in der prallen Sonne habe ich mir meinen "Golfer" verdient. Wir schlürfen den kalten Grapefruit-Drink gemütlich auf der Terrasse des Clubs und genießen den Ausblick auf den Golfplatz. In der Mitte ein See mit Schilfgras und Springbrunnen. Weite Rasenflächen und darauf Birken, die sich im sanften Wind wiegen. Etwa acht Kilometer muss ein Spieler zurücklegen, wenn er den kompletten Platz spielt. Da weiß man hinterher auch, was man getan hat. Viel frische Luft, eine komplexe Bewegung und hohe Konzentration. Ich kann verstehen, dass Menschen Golf spielen, um den Kopf frei zu bekommen. Golf ist aber eben auch ein etwas elitärerer Sport, bei dem Etikette eine wichtige Rolle spielt. Ich musste erst mal eine Stoffhose kaufen, da weder meine Baggy-Jeans noch meine Harems-Hosen hier angebracht gewesen wären. Aber ok. Ich gehe ja auch nicht in Pumps und Kleidchen zum Wakeboarden. Da hat eben jede Sportart ihren Stil. Und Etikette gilt ja auch bei uns in der Taekwondo-Schule. Für Außenstehende wirkt es sicher auch merkwürdig, wenn ich mich dort beim Betreten verbeuge. So merkwürdig, wie die Golf-Etikette eben auf mich wirkt. Aber ich habe mich darauf eingelassen und bin am Ende froh, dass ich einige meiner Vorurteile über diese Sportart über Bord werfen konnte. Denn auf der Driving Range Bälle zu schlagen macht wirklich Spaß.


Für wen?

Du bist gerne draußen an der frischen Luft und willst den Kopf frei kriegen? Gleichzeitig konzentrierst du dich gerne und magst es, ein Ziel vor Augen zu haben? Dann bist du auf dem Golfplatz auf jeden Fall richtig. Geduld und Durchhaltevermögen solltest du aber auch mitbringen. Denn richtiges Golfen ist nicht einfach. Wenn der Ball aber erstmal richtig weit fliegt, macht es wirklich Spaß!

Wie und Wo?

Ein bisschen Etikette muss sein: Jeans, FlipFlops oder Tank-Tops solltet ihr zu Hause lassen. Viele Driving Ranges können ohne Mitgliedschaft genutzt werden. Und es gibt in NRW inzwischen einige Plätze, die Golfen der Öffentlichkeit näher bringen wollen und eine Platzreife nicht mehr unbedingt voraussetzen. Erstmal den Abschlag zu üben ist aber trotzdem sinnvoll. Ihr wollt ja weder jemandem an den Kopf schlagen, noch ständig den Ball im Wald suchen müssen.