Heiß, heiß, Baby! Schwitzen beim Hot Yoga

Draußen sind es an diesem Morgen schon locker 25 Grad - ich bin im Urlaub und der blaue Himmel mit der strahlenden Sonne verspricht heißen Hochsommer. Als ob das noch nicht genug Wärme wäre, habe ich einen Termin beim Hot Yoga vereinbart. Ich weiß jetzt schon, dass das heute eine verdammt verschwitzte Angelegenheit werden wird. Betrübt schaue ich auf meine winzige Wasserflasche. Das wird niemals reichen, um die nächsten 90 Minuten zu überstehen.

 

Yoga-Lehrerin Nelly Seimann stattet mich in ihrem Bikram-Yoga-Studio in Linz erstmal mit einer ordentlichen Yogamatte aus. Und auch sie findet meine Wasserflasche ganz schön klein. Ich besorge mir also noch einen Liter zusätzlich. Nelly stellt mir dann noch ein paar Fragen zu meinem Gesundheitszustand und warnt mich vor: Anfängern kann es beim Hot Yoga schon mal schummerig werden. Ich habe aber jederzeit die Möglichkeit, eine Pause auf meiner Matte einzulegen und soll mich dafür auch nicht schämen. Mal sehen, ob ich meinen Ehrgeiz, immer alles durchzuhalten, zügeln kann...

Bikram Yoga ist wie Sport in der Sauna

Mit genug Wasser, einem Handtuch und meiner Yogamatte bewaffnet betrete ich den Trainingsraum - und fühle mich ein bisschen, als würde ich eine Sauna betreten. Die Luft ist warm, die Atmosphäre ganz ruhig und entspannt. Etwa 10 andere Frauen sind schon hier und meditieren auf ihren Matten. Wie Nelly mir gesagt hat, suche ich mir einen Platz in der zweiten Reihe - zum Abgucken der Bewegungen. Die Wärme ist sehr angenehm, am Liebsten würde ich jetzt ein gemütliches Nickerchen auf meiner Matte machen. Stattdessen soll ich gleich Sport machen. Nelly begrüßt uns mit einem "Namasté" und startet die Übungen.

Raus mit den schlechten Gefühlen

Bikram Yoga, wie das Hot Yoga eigentlich heißt, wurde von dem indischen Yogameister Bikram Choudhury entwickelt. Es enthält 26 Übungen aus dem Hatha-Yoga, die sogenannten Asanas. Das sind überwiegend ruhende Körperstellungen. Dazu gibt es im Bikram Yoga zwei Atemübungen, die Pranayamas, was übersetzt so viel bedeutet, wie die "Körperenergie zu kontrollieren".  Was beim Bikram Yoga anders ist, als bei anderen Yoga-Arten, ist die Wärme im Trainingsraum. Nelly hat mir vorher erklärt, dass es bis zu 38 Grad werden können und dass das den Körper flexibler und geschmeidiger macht und das Verletzungsrisiko senkt. Außerdem soll das Schwitzen den Stoffwechsel und den Kreislauf anregen und das Immunsystem stärken. Wir starten die Stunde mit einer Atemübung. Bewusst sollen wir tief einatmen und dann mit einem kehligen Laut ausatmen. Raus mit dem Dreck und den schlechten Gefühlen aus dem Körper. Laute Geräusche beim Atmen zu machen, ist erstmal ungewohnt. Erst nach einigen Wiederholungen kann ich im Schutz der Gruppe loslassen, mich wirklich nur noch auf meinen Atem konzentrieren und den Gedanken an meine Außenwirkung beiseite schieben.

Nasses Handtuch - himbeerfarbenes Gesicht

Nach und nach geht Nelly mit uns verschiedene Asanas durch. Ich kämpfe mit dem Gleichgewicht und der Beweglichkeit. Und in mir kommen merkwürdige Gefühle hoch. Ich hatte vorher schon davon gehört, dass manche Menschen beim Yoga emotionale Ausbrüche haben, vor allem während der Atemübungen. Ehrlich gesagt hatte ich das aber als esoterische Überbewertung abgetan. Von wegen. Ich bin plötzlich scheinbar völlig grundlos traurig, möchte weglaufen und mich verstecken. Klar, vor unangenehmen Gefühlen läuft man eben gerne weg. Geht aber gerade nicht. Was auch immer da unter meiner Oberfläche brodelt, ich möchte es in den Griff kriegen. Also atme ich tiefer, langsamer und noch bewusster und versuche, die Gefühle anzunehmen und zu verstehen. Klingt ganz schön esoterisch für meine Verhältnisse, ich weiß. So ein Erlebnis hatte ich beim Sport bisher noch nie und ich weiß auch immer noch nicht so genau, was ich damit anfangen soll.

Das Hot Yoga fordert mich aber nicht nur seelisch, sondern auch körperlich. Die Muskulatur in meinen Armen brennt, weil ich sie so viel oben halten muss. Bei den Gleichgewichtsübungen suche ich nach meiner inneren Mitte und ich merke deutlich, dass es mir an vielen Stellen sehr an Beweglichkeit fehlt. Ehrlich gesagt muntert mich das auch nicht gerade auf und zu den ohnehin schon merkwürdigen Gefühlen gesellt sich ein Frust darüber, dass ich mich in meinem Körper nicht wohl fühle. Ich bin in den letzten Jahren nicht gut mit ihm umgegangen - er ist steif und hat ein paar Speckrollen, die mir das Bewegen erschweren. Kritisch schaue ich in den Spiegel: Hochroter Kopf, verschwitzte Haare, die an meinem nassen Gesicht kleben und eine etwas zu enge Hose. Und dann muss ich auch noch eine Pause machen, weil mein Kreislauf mit der Belastung in der Wärme nach mehr als einer Stunde Training nicht mehr klar kommt. Natürlich ist auch meine Literflasche Wasser längst leer und ich weiß nicht so genau, wie ich die restliche halbe Stunde noch durchstehen soll. Oh man. Das klingt jetzt alles ganz schön frustriert! Ist es auch - es ist aber auch ein wichtiger Prozess, der da gerade in mir abläuft. Tatsächlich hat mir bisher noch keine Sportart in diesem Jahr so deutlich meine körperlichen Baustellen aufgezeigt. Als ich da so betrübt auf der Matte sitze und vor mich hin starre, kommt Nelly vorbei. Sie lächelt freundlich und sagt: "Gib deinem Körper die Zeit, die er braucht."

Es ist niemals zu spät

Wie vorher befürchtet, bin ich zu ehrgeizig an die Yoga-Stunde rangegangen. Dabei geht es im Yoga doch gar nicht um Leistung und Erfolge. Es ist kein Wettbewerb - auch keiner mit mir selbst. Es ist egal, ob ich jetzt schon in der Vorbeuge mit den Händen meine Zehen berühren kann. Wichtig ist, die Übung überhaupt zu machen, den Körper zu dehnen und sich dabei in einer positiven Art und Weise mit sich selbst zu beschäftigen. Zum Glück habe ich vor der Stunde einen wichtigen Satz von Bikram Yoga-Erfinder Choudhury auf Nellys Homepage gelesen:

 

“Es ist niemals zu spät, Du bist niemals zu alt, Du bist niemals zu schlecht und Du bist niemals zu krank, …um noch einmal ganz von vorn anzufangen.”

 

Das klingt natürlich deutlich einfacher, als es ist. Neu anzufangen bedeutet eben auch, zu schauen, was bisher nicht so gut lief. Wer neu anfängt muss viel lernen und aushalten, dass er noch nicht alles perfekt beherrscht. Und sich klar machen, dass es im Leben auch nicht immer um Perfektion geht. Sondern vor allem um Wohlbefinden. Um Besinnung auf sich selbst. Als die 90 Minuten Hot Yoga vorbei sind, bin ich innerlich wieder so einigermaßen zusammengesetzt. Äußerlich bin ich klatschnass. Mein Handtuch ist klatschnass. Aber ich kann wieder lächeln. Allerdings kann ich mir gerade nicht vorstellen, wie ich so eine Stunde nochmal durchhalten soll. Yoga ist so viel anstrengender, als ich erwartet habe. Ich weiß aber jetzt auch: Für mich gäbe es wohl kaum eine effektivere Sportart, als Yoga. Wenn ich mir Nelly anschaue, dann sehe ich, was Yoga erreichen kann: Sie wirkt so ausgeglichen und ruhig und ihr Körper ist so beeindruckend trainiert. Alles nur vom jahrelangen Yoga-Training, wie sie mir versichert. Das will ich auch. Die Frage ist nur, ob ich genug Durchhaltevermögen dafür habe. Wer hätte nach Boxen, Bäume werfen, Krav Maga oder BMX-Racing gedacht, dass ich ausgerechnet beim Hot Yoga an meine Grenzen komme?

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Kommentare: 1
  • #1

    Maddin (Mittwoch, 30 August 2017 13:37)

    Da bin ich ja mal gespannt wie du Hot Yoga findest..
    Immer wenn ich davon höre, find ich das ein wenig schräg aber vielleicht macht das ja auch ganz viel Sinn!