Über Stock und Stein - Trailrunnig

Ich weiß immer noch nicht, was da passiert ist. Ich war mir doch so sicher: ICH HASSE LAUFEN! Wirklich. Ausdauersport war so überhaupt nicht meins. Ich kann Bäume werfen. Bretter kaputt schlagen. Mit dem Gesicht tausendmal nacheinander aufs Wasser knallen. Da hab ich Ausdauer. Aber doch nicht beim Joggen. Da bekomme ich doch schon nach zehn Minuten Schnappatmung und ne rote Birne. Und egal, wie viel ich da trainieren würde - das würde nie was werden.

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No more mimimi...

BlaBlaBla. Die Wahrheit ist: Ich habe es nie richtig versucht. Ich bin nämlich schnell zu begeistern, aber wehe, es wird schwierig. Dann suche ich mir lieber was neues. Und seien wir ehrlich: Laufen ist gerade am Anfang echt schwer. Ich schleppe mich durch den Park. Mein Tempo ist leicht zu beschreiben: Noch langsamer und ich reise in der Zeit zurück. Ich werde von älteren Damen überholt. Mit Walkingstöcken. Da muss man schon hart im Nehmen sein, um da keinen Frust zu bekommen. Aber dann ist irgendwas passiert. Es hat Klick gemacht. Erst der Women's Run - diese Sambatruppen am Rand, diese Wahnsinns-Stimmung, das Publikum, das dich trägt. und dann der Zieleinlauf. Leute, Leute, was hab ich eine Gänsehaut gehabt. Und irgendwie hat mich das (mit kleinen Pausen) völlig untrainiert über die 5 Kilometer getragen. Und dann der Muddy Angel Run. Das Laufen war für mich echt die heftigste Herausforderung. Dagegen waren der Matsch und das kalte Wasser ein Klacks. Aber irgendwas in mir hat gesagt: "So. Wir lernen das jetzt mit dem Laufen. Und wehe, ich höre Mimimimimi....."

Jetzt laufe ich also seit vier Wochen und habe so langsam Spaß dran. So viel Spaß, dass ich mich doch tatsächlich für ein Trailrunning-Seminar angemeldet habe. Es ploppte plötzlich in meiner Facebook-Timeline auf. Salomon-Schuhe testen und Trailrunning-Basics lernen. Und es gab sogar eine Strecke mit dem vielversprechenden Titel: Anfänger. 5 Kilometer. Mit Erklärpausen. Also habe ich meinen Lauf-Buddy Claudia motiviert und wir sind zusammen nach Essen gefahren. Mit ziemlich viel Angst im Nacken. Was ist, wenn wir die Gruppe ausbremsen? Wenn die uns im dunklen Wald verlieren? Wir nach drei Kilometern bergauf, bergab kollabieren? Auf der anderen Seite stand da ja "Anfänger". Aber das ist ja ein dehnbarer Begriff...

Laufen mit Profil

Auf einem Parkplatz am Baldeneysee empfängt uns Trailrunner Carsten. Er sieht durch und durch aus wie ein Ausdauersportler. Groß, schlank, kein Gramm Fett und das glückliche Gesicht eines Menschen, der so viel Zeit wie möglich an der frischen Luft verbringt. Die anderen Läufer sind bunt gemischt. Einige sind ausgestattet wie Profis und tauschen sich über verschiedene Trails und Schuhmodelle aus. Andere sehen ähnlich verunsichert aus wie wir. Carsten drückt uns Schuhe in unseren Größen in die Hand und erklärt, wie wir die Schnürsenkel richtig festziehen und das Ende so verstauen, dass es uns in den nächsten 50-60 Minuten nicht stört. Die Schuhe fühlen sich ganz anders an, als meine Laufschuhe. Leichter, die Sohle ist dünner und viel profilierter. Vorsichtig laufe ich ein paar Meter. Fühlt sich gut an. Dann gibt Carsten das Startkommando. Gemeinsam überqueren wir eine Straße und verschwinden dann im Wald.

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Gleich geht`s bergauf

Mutig bergab - tapfer bergauf

Ich lasse mich von der Gruppe ziehen und laufe motiviert und viel zu schnell für meine Verhältnisse. Aber es ist eigenartig: Bei Events kann man immer viel mehr leisten, als im Training. Ich halte also einigermaßen mit und habe Glück: Als ich wirklich gar nicht mehr das Tempo halten kann, macht Carsten einen ersten Erklärstopp. Es geht ums Bergablaufen. Carsten ermutigt uns, uns nicht in eine Sicherheitshaltung nach hinten zu lehnen, sondern uns zu trauen, den Oberkörper nach vorne zu bewegen und den Schwung zuzulassen. Eine echte Überwindung - ich fliege gefühlt den kleinen Hügel runter und habe etwas Sorge, dass mich meine eigenen Füße von hinten überholen. Als ich über einen Haufen nasser Blätter schieße, bin ich dankbar dafür, dass die Schuhe so viel Profil haben. Sie schützen mich davor, weg zu rutschen. Hui. Das war aufregend. Das blöde an bergab ist ja, dass es irgendwann auch wieder bergauf geht. Wir laufen einen lockeren Kilometer, bis Carsten wieder stoppt. Hinter ihm geht es einen Waldweg hinauf. Wie weit der Anstieg ist, kann ich nicht sehen, da der Weg zwischen den Bäumen abbiegt. Oh man. Schon wenn ich an die Steigung denke, bin ich aus der Puste. Carsten erklärt uns, wie wir uns richtig mit den Füßen abdrücken, wie wir die Arme mitschwingen können, um uns den Aufstieg leichter zu machen - und wie wir uns notfalls kurz oberhalb des Knies auf unseren Oberschenkeln abstützen können, falls es sehr steil wird oder wir Gehpausen machen müssen.

Wichtigste Regl: Genieß deinen Lauf

Die ersten 200 Meter bin ich motiviert und versuche, den Berg laufend zu schaffen. Dann muss ich mir eingestehen: So weit bin ich einfach noch nicht. Ich brauche Gehpausen, sonst hab ich einen Puls von 200 und bekomme keine Luft mehr. Zum Glück bin ich nicht die einzige, die etwas Tempo rausnehmen muss. So bin ich zwar immer noch Schlusslicht, verliere die Gruppe aber nicht. Zwischendurch laufe ich auch immer wieder kurze Stücke, Claudia motiviert mich und versorgt mich mit Wasser und dann ist es tatsächlich geschafft. Wir sind oben. Ich bin mir sicher: Vor vier Wochen hätte ich das so noch nicht geschafft. Das Lauftraining hat also doch schon ein bisschen was gebracht. Carsten stoppt am Eingang zu einem schmalen, sandigen Trail, der mitten durch die Bäume führt. Er gibt uns noch ein paar grundlegende Tipps zum Trailrunning. Der wichtigste aus meiner Sicht: Spaß haben. Genießen. Und das mache ich auf dem letzten Kilometer zwischen den Bäumen durch. Der Boden ist anspruchsvoll, mal Sand, mal Wurzeln, außerdem ist es schon ziemlich dunkel geworden. Dadurch entsteht eine ganz besondere Stimmung im Wald. Ein Läufer aus unserer Gruppe lässt sich zurückfallen und leuchtet uns mit seiner Stirnlampe an den ganz dunklen Stellen. Sehr nett! Ich sauge die frische, abendliche Waldluft tief in meine Lungen. Und ich habe endlich mein Tempo gefunden. Durch den Wald laufen, mutig bergab, tapfer bergauf - dabei verschiedene Untergründe unter den Füßen spüren, die frische Waldluft atmen und irgendwann eins mit der Natur zu sein. Trailrunning ist ein ganz anderes Laufen, als das, was ich aus meinem Stadtpark kenne. Auch wenn ich nur kurz reingeschnuppert habe, bin ich fasziniert von der Nähe zur Natur und der Motivation, die daraus bei mir entsteht. Vielleicht sollten wir doch ein bisschen aus der Stadt raus ziehen...

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Claudia und Caro - völlig fertig nach dem ersten Trailrun. Aber auch völlig glücklich!

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Kommentare: 2
  • #1

    Isa (Montag, 06 November 2017 07:43)

    Du hast einen richtig coolen Schreibstil. Es macht echt Spaß, deine Texte zu lesen :D und ich erkenne mich sooo gut darin wieder, gerade was die Anfangszeit betrifft.
    Ich habe die für die 5 km 5 Monate gebraucht und du packst das einfach aus dem Stand heraus, das ist echt Wahnsinn.
    Trailrunning habe ich noch gar nicht getestet, aber vllt werde ich das noch. Bis jetzt versuche ich sehr hohe Steigungen zu meiden, Berglaufen möchte ich mal gesondert in Angriff nehmen (ich freu mich schon... nicht :D)
    Was ich nicht wusste ist, dass man sich beim Bergablaufen trotzdem nach vorne neigen soll. Das kann ich gleich heute ausprobieren.

    Liebe Grüße und einen dicken Schub Motivation von mir :)
    Isa

  • #2

    DerFreundvonLaufpartnerinClaudia (Montag, 06 November 2017 10:23)

    wieder ein sehr schöner Blogartikel, liebe Caro...

    Insbesondere den letzten Satz find ich toll... Sollen wir mal schauen ob es bei uns in der Nachbarschaft für euch was nettes gibt? ;)

    der (To)Maddin