Trimm Dich Pfad

Ich habe wirklich lange rum gesucht, denn ich hätte es gerne so richtig oldschool gehabt. Vielleicht habt ihr ja noch ähnliche Erinnerungen? Als Kinder sind wir beim Turnverein-Sommer-Grillfest immer durch dieses bestimmte Stück des Kölner Nordparks gelaufen. Alle paar hundert Meter gab es dort Hindernisse aus Holz. Zum drüberklettern, hangeln, balancieren oder springen. Geschicklichkeit und Kraft und Mut waren gefragt. Und dann ging es auch schon wieder weiter zur nächsten Herausforderung. "Trimm Dich Pfad", das klingt nach Turnvater Jahn, riecht nach Magnesia-Blöcken und  erinnert an muffige Schulturnhallen. Und das alles hat mich so nostalgisch gemacht, dass ich das Netz durchforstet habe nach Trimm Dich Pfaden in Köln. Aber: Fehlanzeige. Heute gibt's nur noch "Fitness Parcours" oder "Trimm Dich Parks". Eine Art Fitnessstudio im Freien. Von den alten Trimm Dich Pfaden gibt es höchstens noch ein paar verrottete Überreste im Wald.

Ich entscheide mich für den Parcours im Kölner Stadtwald. Um dorthin zu kommen, muss ich zwanzig Minuten Radfahren, dann bin ich wenigstens schon mal in Bewegung. Das Wetter ist usselig, wie man bei uns sagen würde. Also grau, kalt und nass. Aber der Nieselregen hält mich nicht auf - Woche 51 wird durchgezogen, da kann ich aufs Wetter keine Rücksicht nehmen. Schönes Wetter kann ja jeder. Da der Trimm Dich Pfad keiner mehr ist und ich auf jeden Fall auch laufen will, mache ich das eben als Aufwärm-Programm. Vier Kilometer in gemütlichem Tempo rund um den nahe gelegenen Weiher. Danach ist mein Kopf frei und ich bin aufgewärmt für mein Trimm Dich Pfad Revival. Ich starte mit den Balance-Übungen. An jeder Station des Parcours steht ein Schild mit kurzen Erläuterungen zur Übung und Tipps dazu, wie sie im Laufe der Zeit verändert werden können, um anspruchsvoller zu werden. Ich balanciere motiviert über den ersten Holzbalken. Kein Problem, also auf zum gefederten Balken. Das ist schon deutlich schwieriger. Ich wackle ein bisschen hin und her und beschließe, mich lieber mit der Rückenstrecker-Übung zu beschäftigen.

Schritt für Schritt arbeite ich mich durch den Parcours. Eigentlich bieten die Geräte vor allem eine Hilfestellung für die guten alten Übungen: Klimmzug, Kniebeuge, Liegestütz. Womit wir wieder bei Turnvater Jahn wären. 3 mal 10 Wiederholungen mache ich an jedem Gerät, ein schönes kleines Workout. Ich bin tatsächlich nicht die einzige, die hier rumturnt. Zwei Herren im Rentenalter wechseln sich an den Geräten mit mir ab. Bei dem einen von den beiden bin ich nicht so ganz sicher, was er genau tut. Jedesmal setzt er sich aufs Gerät um sich dann ausgiebig in beide Richtungen den Nacken zu dehnen. Aber es ist ja gut, wenn ihm irgendwie hilft. Mein zweiter unbekannter Trainingspartner steckt mich dagegen locker in die Tasche. Klimmzüge, Liegestütz und Kniebeugen absolviert er in atemberaubenden Tempo mit einer beeindruckenden Zahl von Wiederholungen. Vermutlich ist ein ein Urenkel von Jahn. Ich mache noch ein bisschen Kreuzheben mit einem schweren Baumstumpf, an dem ein paar Griffschlaufen angebracht sind.

Danach bin ich durch - vier Kilometer Laufen und mein 3-Satz-Training haben mich wunderbar ausgepowert. Ich schwinge mich aufs Rad, denn ich will so schnell wie möglich nach Hause. Der hartnäckige Nieselregen hat mich inzwischen ziemlich durchnässt und ich möchte dringend unter die heiße Dusche. Ich war sicher nicht zum letzten Mal hier zum Training. Frische Luft, draußen trainieren, Baumstämme heben - genau mein Ding. Ein bisschen wehmütig bin ich aber doch: Ich fand das Konzept des Trainingspfades quer durch den Wald verteilt einfach noch besser. Das wäre auch ein noch besseres Training für den Tough Mudder oder den Muddy Angel Run gewesen. Aber schön, dass es sowas wie "Trimm-Dich-Pfade" überhaupt noch gibt!